Luciana Jury
Starke Stimme aus den Vorstädten (Argentinien)
Sie wurde 1974 in der Provinz der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires geboren. Als Malerin, Komponistin, Gitarristin und vor allem Sängerin ist sie eine sensibel-ausdrucksstarke Chronistin des Lebens der Vorstädte großer lateinamerikanischer Metropolen. Von ihrem Vater hat sie die Liebe zu den lateinamerikanischen Wurzeln geerbt und von ihrer Mutter und ihrem Onkel das Wissen um den großen musikalischen Reichtum und zur Poesie. Ihre Mutter Marta Mantello war begeisterte Liebhaberin des geschriebenen Wortes und Folk-Sängerin, die mit ihrem Mann, dem Schriftsteller und Filmregisseur Zuhair Jury, ein leidenschaftlicher Gitarrist, Sänger und Maler auftrat. Sie wuchs auf in einer der typischen Vorstädte von Buenos Aires, dort wo die Einflüsse des Landes und der Stadt durchschnittlich waren. Dort existiert ein urbanes Universum, in dem Tango, argentinischer Cumbia, Rock, lateinamerikanische Volksmusik und die harten Realitäten des Lebens koexistieren. So atmete Luciana von frühester Jugend die Geschichten der Menschen ein, hörte und teilte ihre Lieder und Rhythmen. Schon früh hat sie versucht ihre Stimme und Ausdruckskraft auf dieses Lebensgefühl zu richten und ihren eigenen Weg zu gehen. In ihren Liedern singt sie mit nuancenreicher Stimme von der Freiheit, aber auch von der Suche nach dem Moment in dem die Angst sich in das Erstaunen der menschlichen Existenz verwandelt.
Lucianas Repertoire umfaßt traditionelle, mündlich überlieferte Lieder, Stücke von namhaften Komponisten wie ihrem Onkel Leonardo Favio, von Simon Diaz, Violeta Parra und Lhasa de Sela sowie einige ihrer eigenen Kompositionen und Texte. Ihre Auftritte sind explosiv wie ein Gewitter in der Nacht. Ihre Stimme ist archaisch wild, wie aus einer anderen Zeit und modern zugleich: sie ist ernst und sentimental wie bei Violeta Parra, wenn sie die vergessenen Melodien aus dem 19. Jahrhundert singt. Sie ist dynamisch und lebensfroh, wenn sie eine ländliche Cueca spielt und singt.
Luciana Jury sagt: »Der katastrophale Mangel an Gedächtnis, nicht der Menschen, sondern von Gesellschaften, verurteilt uns seit Jahrhunderten schnell zu vergessen und die Gegenwart blind und ohne Gedächtnis zu leben. Um meine Gegenwart zu verstehen, mußte ich diejenigen, die mir vorausgingen, durch ihre Musik lesen und hören. Ich mußte verstehen, was sie über ihre Freuden, Ungerechtigkeiten und Wege der Liebe gesehen und gesagt hatten. Vielleicht singe ich deshalb vehement gegen die Ohnmacht an, da sie so lange still und verborgen war. Ich brauche das, um in der Stimme zu explodieren wie ein Vulkan. Die Stimme nimmt Reife und Verständnis für das Leben auf, wie wir es leben. Der Klang begleitet das Wachstum.« Weiter erklärt sie: »Ich habe das Ohr nur dann an neuen musikalischen Formen, wenn sie etwas Wahres ausdrücken und mir die Freiheit der persönlichen Interpretation ermöglichen. In der Folklore ist es notwendig eine Sprache zu finden, die unserer Zeit entspricht. Dies erfordert immer feine Klanginnovationen. Wenn diese Änderungen keinen neuen Gedanken, keine integrale Poesie oder ein politisches Ereignis ausdrücken, dann hat das Ergebnis für mich keine Bedeutung.«
Luciana Jury hat auf zahlreichen CDs mitgewirkt und drei Soloalben veröffentlicht. 2008 nahm sie ›Maldita Huella‹, ein Duo-Album mit Carlos Moscardini auf. 2011 veröffentlichte sie ihr erstes Soloalbum ›Canciones gustadas de mi raíz‹, 2013 veröffentlichte sie die CD ›En Desmesura‹, dessen Titel sich auf ein Werk ihres Vaters bezieht, das sich mit der Bekämpfung von Menschenhandel und Ausbeutung durch die Regierung beschäftigt. 2014 nahm sie mit Gabo Ferro ›El Veneno de los Milagros‹ auf. Diesen Aufnahmen wurden für die Carlos Gardel Awards als ›Best New Folk Artist‹ und ›Beste CD des Jahres‹ nominiert. 2015 wurde sie als Kuratorin beauftragt ein Programm zu gestalten, daß im öffentlichen Fernsehen Argentiniens zum Internationalen Frauentag ausgestrahlt wurde. Im gleichen Jahr erhielt sie die Berufung in den Vorstand des Nationalen Komitees gegen Menschenhandel und für Gleichberechtigung und wurde beauftragt Veranstaltungen mit dem Titel ›Es geht um uns‹ während des ›Verano de Emociones‹ (Sommer der Gefühle) in den Provinzen San Marcos Sierras (Córdoba), San Rafael (Mendoza) und Mar del Plata (Provinz Bs. As.), Villa María (Córdoba) zu kuratieren. Sie wurde von der Konex Foundation als eine der fünf besten ›Sänger des Jahrzehnts‹ ausgezeichnet. In diese Jahr nimmt Luciana Jury das Solo-Album ›La Madrugada‹ auf, in dem sie mit ihren Liedern in die Stille und Kontemplation in ihrer Welten und Lieder ihrer Jugend eintaucht, die sie neu arrangiert sowie eigene Lieder jenseits der Folklore aufnimmt.
Jam Session – Nico Brandenburg & Friends
Joanna Kucharczyk Quartett